Veröffentlichung vom August 2019

Immer mehr Menschen machen sich Gedanken darüber, dass ein Unfall, eine schwere Krankheit oder Pflegebedürftigkeit im Alter der selbständigen Erledigung eigener Angelegenheiten im Wege stehen könnten.

In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass das deutsche Rechtssystem kein „Angehörigenrecht“ kennt, d.h. selbst Familienangehörige oder gar der eigene Ehepartner haben keine rechtliche Handhabe, Entscheidungen für sie oder in ihrem Sinne zu treffen, wenn eine entsprechende Bevollmächtigung nicht nachgewiesen werden kann. In diesen Fällen ist stattdessen durch das Betreuungsgericht ein „gesetzlicher“ Betreuer zu bestellen, der dann – unter Aufsicht des Gerichts – die Angelegenheiten des Betroffenen zu regeln hat.

Es gibt allerdings durchaus Möglichkeiten, durch eine Vorsorgevollmacht, eine Betreuungsverfügung bzw. eine Patientenverfügung frühzeitig alles so zu gestalten, wie es den eigenen Wünschen entspricht.

Vorsorgevollmacht

Mit der Vorsorgevollmacht wird eine Person bevollmächtigt, bestimmte Angelegenheiten für den Vollmachtgeber zu erledigen. Die eingesetzte Vertrauensperson entscheidet dann anstelle des nicht mehr entscheidungsfähigen Vollmachtgebers und vertritt diesen, ohne einer gerichtlichen Beschränkung oder einer Kontrolle durch das Betreuungsgericht zu unterliegen. Die Vollmacht macht die gerichtliche Bestellung eines Betreuers somit überflüssig.

Hierbei ist es möglich, die Entscheidungsbefugnis in allen Dingen zu übertragen, die einem wichtig sind, wie z.B. bestimmte Rechtsgeschäfte oder Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten. In Bankangelegenheiten empfiehlt sich zudem, bei dem jeweiligen Institut vorstellig zu werden und zusätzlich das bankinterne Vollmachtsformular zu verwenden.


Gerade auch in Gesundheitsfragen ist die Vorsorgevollmacht von besonderer Bedeutung, denn darin wird der behandelnde Arzt gegenüber der bevollmächtigten Person von der ärztlichen Schweigepflicht entbunden und der Bevollmächtigte zugleich ermächtigt, sich für die erforderlichen Heilbehandlungsmaßnahmen im Sinne des Vollmachtgebers einzusetzen und entsprechende Erklärungen abzugeben.

Betreuungsverfügung

Die Betreuungsverfügung beinhaltet den Vorschlag des Betroffenen, gerichtet an das Betreuungsgericht, eine bestimmte, namentlich benannte Person zum Betreuer zu bestellen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind, man also insbesondere eigene Angelegenheiten nicht mehr selbständig erledigen kann. An diesen Vorschlag ist das Gericht grundsätzlich auch gebunden. Das Betreuungsgericht bestellt und beaufsichtigt sodann den „gesetzlichen“ Betreuer.


Eine Betreuungsverfügung empfiehlt sich daher jedenfalls, wenn keine Vertrauensperson vorhanden ist, der eine Vollmacht erteilt werden könnte. Auch ist es möglich, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung zu kombinieren.

Patientenverfügung

Mit der Patientenverfügung äußert der Verfügende seinen Willen hinsichtlich zukünftiger medizinischer Behandlungen, für den Fall, dass er selbst in einen Zustand geraten ist, in dem er die Urteils- und Entscheidungsfähigkeit verloren hat.

Niemand darf gegen seinen Willen behandelt werden und niemand darf die Sterbephase eines anderen Menschen gegen dessen Willen aufhalten oder verlängern. Je mehr Möglichkeiten die Medizin bietet, umso wichtiger wird es aber, rechtzeitig zu überlegen, ob die sich bietenden medizinischen Möglichkeiten unter allen Umständen vollständig in Anspruch genommen werden sollen oder unter welchen Bedingungen jemand darauf verzichten möchte.

In einer Patientenverfügung können diese Erklärungen hinterlegt werden. Je konkreter hierbei die Wünsche des Patienten zu erkennen sind, umso besser ist diese Patientenverfügung auch umzusetzen. Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 14.11.2018 erst kürzlich darauf hingewiesen, dass eine Patientenverfügung dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen muss. Sie muss konkret die Behandlungssituationen beschreiben, in der sie gelten soll. Zudem muss sie die ärztlichen Maßnahmen genau bezeichnen, in die der Betroffene einwilligt oder die er untersagt, etwa durch Angaben zur Schmerz- und Symptombehandlung, künstlichen Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, Wiederbelebung, künstlichen Beatmung oder Dialyse. Der Betroffene muss hier zumindest umschreibend festlegen, was er in einer bestimmten Behandlungssituation will und was nicht.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Adressat einer Patientenverfügung immer die behandelnden Ärzte sind. Denn ist ein Patient nicht fähig, selbst in eine Behandlung einzuwilligen, muss sein (!) mutmaßlicher Wille ermittelt werden, wobei die Patientenverfügung eine wichtige Basis darstellt. Betreuer oder Bevollmächtigte haben hierbei die gesetzlich normierte Aufgabe (§ 1901 a BGB), den Willen des Patienten zu erforschen und auch umzusetzen!

Die Abfassung der vorstehend genannten Erklärungen bedarf grundsätzlich keiner besonderen Form.

Eine öffentliche Beurkundung oder Beglaubigung, z.B. durch einen Notar, ist jedoch erforderlich, sofern Grundstücksgeschäfte betroffen sind oder eine Ermächtigung zum Abschluss eines Verbraucherdarlehens erteilt werden soll.

Rechtsanwalt Dieter Schmid